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(GRABER mit Sara Schär, Jan Graber, Stefano Mauriello (v.l.), Credits: Corinne Koch)


Redakteur: Roman Golub

 


In einem Interview beantwortete Jan Graber von der Band Graber u.a. Fragen zum Tod und zum aktuellen Album „Schattenklang“, das 16 Gedichtslieder umfasst.

 

 

Welche Bedeutung hat für dich der Tod? Was können alles Gedanken an den Tod emotional auslösen?


Der Tod ist zuallererst eine Bedingung fürs Leben – ohne Tod gibt es keine Existenz (zumindest nicht in dem uns bekannten Universum). Für mich ist der Tod ein natürlicher Teil des Daseins. Jede Sekunde vergeht, jeder Moment zerfällt, wir befinden uns jeden Augenblick mitten im Sterben. Ich begreife den Tod zudem als Übergangsmoment in eine andere Form des Daseins. Unsere Atome zerfallen, wir gehen über ins große Ganze. So gesehen ist das Leben lediglich ein Zwischenzustand im Fluss der Dinge.

 

Der Tod löst bei mir, wie höchstwahrscheinlich bei vielen, emotionell dennoch auch Unruhe aus: Eine gewisse diffuse Angst vor dem Akt des Sterbens, einen Respekt vor diesem einzigartigen Moment, eine Melancholie angesichts all der vergehenden schönen Momente und nahen Menschen, ein Auflehnen dagegen und letztlich die Akzeptanz des Unausweichlichen.

 

 

 

 

 

Welche Möglichkeiten eröffnen gedankliche Begegnungen mit dem Tod?


Mich mit dem Tod zu befassen, bedeutet für vor allem, eine Form von Gelassenheit zu finden. Je länger ich mich damit auseinandersetzte, umso mehr wurde mir die Natürlichkeit des Zyklus von Leben und Tod vertraut. Der Tod verlor dadurch einen grossen Teil seines Schreckens. Die Begegnung mit dem Tod öffnet einem aber auch die Augen fürs jetzt stattfindende Leben: Seine Einzigartigkeit wird einem wertvoller und man beginnt sich zunehmend zu fragen, welchen Dingen wir wirklich eine Bedeutung beimessen wollen.

 

 

 

 

 

Darf „Schattenklang“ als eine Reflektion des Todes aus der Sicht des christlichen Kulturkreises angesehen werden? Das Wort „christlich“ ist bei dieser Frage als beschreibendes Attribut der Umstände gemeint und nicht als wertender Begriff. Inwieweit sind bei diesem Album überhaupt religiöse Ansätze vorhanden?


Ich bin zwar katholisch aufgewachsen, trat mit 16 aber aus der Kirche aus. Ich sehe mich selbst als Agnostiker mit einem Flair fürs buddhistische Weltbild – inklusive Einräumen möglicher höherer Mächte, aber ohne Gewissheit eines Gottes im Sinn der grossen Weltreligionen. «Schattenklang» fundiert nicht auf einer Religion, aber auf der Möglichkeit von einem Dasein jenseits unseres Wahrnehmungshorizonts und einer gesamtheitlichen Sichtweise. Die Gedichte sind ohne jede religiöse Intention geschrieben.

 

 

 

 

 

Wie darf im Album Schattenklang die Verwendung des „Ich“-Begriffs verstanden werden? Inwieweit ist es ein lyrisches Ich und inwiefern spiegeln sich da persönliche Erfahrungen und Empfindungen wider? Wie ist dazu die Verwendung des „Du“ zu verstehen? In welchen Bedeutungszusammenhang steht diese Formulierungen bei Betrachtung der Tatsache , dass dieses Werk am Todestag von Martin Stricker, der ein ehemaliges Mitglied von Graber war, erschienen ist?


Es gibt das lyrische Ich ebenso wie das persönliche Ich – oft vermischen sich die beiden. Persönliche Erlebnisse (Todesfälle und Abschiede), Empfindungen (Trauer, Überforderungen) und Gedanken dienten in den Gedichten als Ausgangspunkt – ohne sie wäre es meiner Ansicht nach nicht möglich, den wahren Dingen auf die Spur zu kommen und sie dichterisch umzusetzen. Aber ich versuche, die Erkenntnisse in den Gedichten von meiner alleinigen Wahrnehmung abzukoppeln und allgemeiner gültig und interpretierbar zu machen. Ein Beispiel: Das «ich» im Stück «Schattenklang» bezieht sich ebenso auf das echte Ich im Angesicht des Todes meiner Mutter, wie auf ein mögliches Ich im Angesicht eines Sterbenden. Ich versuchte mir vorzustellen, wie der allerletzte Augenblick aus Sicht des oder der Sterbenden sein könnte.

 


Dasselbe gilt fürs «Du». In Stücken wie «Ich folge dir nach» oder «Eingesargt und zugedeckelt» ist es lyrisch zu verstehen. Das «Du» im Stück «Ohne Abschied» bezieht sich hingegen ganz direkt auf Martin Stricker. Er war wirklich weg, von einem Nu aufs andere und es blieb keine Möglichkeit, Abschied zu nehmen. Martin war mein engster Freund, mit ihm habe ich ein Gegenüber verloren, dass mir äußerst wichtig war. Da das Album im Herbst erscheinen sollte, war es für mich nur natürlich, dass ich als Veröffentlichungstag das Datum seines Todes wählte. Gewissermaßen als Gruß ins Jenseits.

 

 

 

 

 

 


(GRABER mit Jan Graber, Credits: Corinne Koch)

 

 

 

 

Inwieweit werden im aktuellen Longplayer die verschiedenen Sichtweisen der Trauernden und Verstorbenen zum Tod beleuchtet?


Die interessante Frage ist, ob Verstorbene eine Sichtweise auf den Tod haben können. Um diese Frage drehen sich ja auch einige der Gedichte, zum Beispiel «Wie alleine warst du?» oder «Ich folge dir nach». Andere Stücke befassen ich mit der Perspektive der Hinterbliebenen: «Steh am Stein» erzählt von der Unmöglichkeit, das Gegenüber im Jenseits zu erreichen. «Gräberfeld» ist eine Betrachtung übers Gehenlassen, aber auch über den Zyklus von Leben und Tod. Auch «Fallen» handelt von diesem Zyklus: vom Abschied, davon wie das Leben seine Reise weiterführt, man aber wieder zurück ans Grab kehrt. «Schwarze Träume» ist ein sehr persönliches Stück, das nach Martins Tod entstand und handelt von der Leere, die zurückbleiben kann.

 

 

 

 

 

Welche Dimensionen des Diesseits und Jenseits reißt das Liedgedicht „Ich folge dir nach“ an?


In «Ich folge dir nach» versuche ich, den Raum zwischen Jenseits und Diesseits zu überbrücken und beide Reiche auszuloten. Auf unserer Seite stehen wir mit all unseren Fragen. Auf der anderen Seite sind die Verstorbenen, die diese Antworten kennen. Das Gedicht tut beide Räume auf und erweitert sie im Grunde ins Unermessliche. Ein anderer Gedanke: Wäre es möglich, dass Verstorbene sich dieselben Fragen über unser Diesseits, also ihr Jenseits stellen? Weil sie im Moment des Todes vielleicht alles vergessen haben, was einmal in unserer Welt war? «Ich folge dir nach» spielt auch mit der Absurdität, es nicht wissen zu können. In Zeilen wie «Stört dich der Nachbar, oder ist er ganz nett?» klingen bewusst auch groteske Momente an.

 

 

 

 

 

Welche Gedanken liegen dem Motiv „Paradies auf Erden“ in „Dunkel deiner Hoffnung“ zugrunde“?


In unserer Welt folgen wir vermehrt einem kurzsichtigen Machbarkeitsglauben. Wir haben den Blick aufs grosse Ganze, auf weitreichende Zusammenhänge weitgehend verloren. Vielleicht haben wir auch bewusst die Augen verschlossen, um uns das Recht zu geben, das Maximale aus unserer kurzen Lebensspanne zu holen. Das biblische Paradies hat, zumindest in der westlichen Kultur, seine Bedeutung verloren. «Carpe diem» lautet das (bisweilen marktschreierische) Credo, ewige Jugend, du lebst nur einmal, geniesse das Jetzt, du selbst bist das Wichtigste auf Erden. Weil kein fernes, anstrebenswertes Paradies mehr besteht, müssen wir es uns hier und jetzt schaffen. Das «Paradies auf Erden» bezeichnet somit die Bestrebungen, so viel wie nur geht aus dem Hier und Jetzt herauszuholen – ohne Rücksicht auf Verluste. Ohne Bewusstsein aber auch für die Bedeutungslosigkeit dieses Unterfangens.

 

 

 

 

 

In welcher Beziehung steht der Schlussvers „Heute habe ich Rosen gekauft“ von „Heute“ zu den vorstehenden Zeilen dieses Gedichtssongs?


Das Stück «Heute» basiert auf einem Text meiner Perkussionistin und Bassistin Sara Schär. Zum ersten Geburtstag ihrer Mutter nach deren Tod schrieb Sara einen Text darüber, was sie alles an diesem Tag für sie getan hätte. Wie sie zusammen wie üblich den Geburtstag gefeiert hätten, wie sie für die Mutter gekocht hätte, usw. Um trotzdem des nun nicht mehr stattfindenden Geburtstags zu gedenken, kaufte Sara wie früher einen Strauss Rosen für ihre Mutter. Die wirklich starken Gefühle (wie Trauer und Verlust) kommen manchmal in ganz einfachen Gesten wie diesen zum Ausdruck. Ich fand Saras Text so stark, dass ich ein Gedicht daraus machen musste, was sie mir glücklicherweise erlaubte. Live spricht übrigens Sara den Text.

 

 

 

 

 

Inwieweit ist der Titel „Der Tod rafft“ eine Beschreibung vom Ableben und eine Erläuterung der zerstörerischen Wirkung des Todes?


«Der Tod rafft» ist ein Mantra über die Endlichkeit aller Dinge und die Unausweichlichkeit des Todes. Ein Mantra allerdings, das bis zur Absurdität führt, wenn auch das Sterben ein Ende haben soll. Aber ja: Der Tod zerstört, er ist erbarmungslos, er ist brutal. Es gibt keinen Ausweg. Selbst das Gedicht bricht mittendrin ab.

 

 

 

 

 

(GRABER mit Sara Schär, Jan Graber, Stefano Mauriello (v.l.), Credits: Corinne Koch)

 

 

 

 

Wie entstehen die Texte zu den Gedichten? Inwieweit fließen da persönliche Erfahrungen mit ein?


Persönliche Erfahrungen sind für mich eine sehr wichtige Inspirationsquelle. «Schattenklang» liegen einige persönliche Verluste zu Grunde. Insbesondere der Tod von Martin und meiner Mutter führten zu wichtigen Fragen. Als Dichter versuche ich die Welt ja grundsätzlich durch meine Augen und Beobachtungen zu beschreiben. Manches trage ich lange mit mir, bis sie in eine erste Gedichtzeile einfließen und schließlich zu einem vollständigen Gedicht führen. Funken zünden dabei oft unterwegs, im Flieger, beim Wandern, im Trolleybus. Bisweilen entsteht eine Idee in den komischsten Momenten, zum Beispiel unter der Dusche, in der Sauna, kurz nach dem Aufwachen. Oder ich führe ein Gespräch und im Hinterkopf bildet sich auf einmal ein Satz, der nach einer Fortsetzung verlangt.

 

 

 

 

 

Welche Bewertungen des Todes sind in den Titeln „Elias sagt“ und „Wir durften nicht“ enthalten? Wie sind dabei vor allem im ersteren der Vers „Elias sagt, der Tod darf nicht sein“ und im zweiten die Formulierung „Wir durften nicht sterben, wir durften nicht sterben“ aufzufassen?


Hierzu wäre fast ein Buch zu schreiben, ich halte mich kurz: Der Schriftsteller und Denke Elias Canetti war bekanntlich ein großer Gegner des Todes. «L’Ennemie du Mort» (Der Feind des Todes) stand einst auf einem Plakat zu einer Ausstellung über ihn. Canettis posthum erschienenes «Buch gegen den Tod» ist voller kurzer Texte gegen den Tod. Gegen den Tod anzuschreiben ist natürlich ein absurdes Unterfangen, Canetti war sich dessen selbstverständlich bewusst und er sprach davon, «lustvoll gegen ihn anzuschreiben». Seine Gedanken dienten als Grundlage für das Gedicht «Elias sagt», die Zeile «Der Tod darf nicht sein» ist also die Quintessenz seiner Aussage.
«Wir durften nicht sterben» ist wie die logische Fortsetzung dieser Aussage. Die Zeile bezieht sich vor allem auf unseren Umgang mit der Corona- Pandemie. Den Tod zu verhindern als oberstes Gebot der Maßnahmen hat auch zu Bevormundung und Einschränkungen geführt, die von vielen – oft auch gefährdeten Personen – schwer zu akzeptieren waren. Man hat uns irgendwie das Recht zu sterben genommen. «Wir durften nicht» ist jedoch das einzige Gedicht, das direkt Bezug auf die Pandemie nimmt. Es ist spontan während des Lockdowns entstanden, als wir im Studio das Album aufnahmen.

 

 

 

 

 

Wie ist in „Eingesargt und zugedeckelt“ der Vers „Eingesargt und zugedeckelt hast du dich doch selbst“ gemeint?


Was ist ein lebenswertes Leben? Ist es, Dinge anzuhäufen, Status, Macht und Ansehen zu gewinnen? Um dann viel zu spät zu merken, dass man sein Leben mit nutz- und wertlosen Dingen vertan hat? Dass man eigentlich tot mitten im Leben war? «Eingesargt und zugedeckelt hast du dich doch selbst» kommentiert auf sarkastische Weise diesen Moment der Erkenntnis. Das Gedicht ist ein bissiger Kommentar über unsere Leistungsgesellschaft, die im täglichen «Rat Race» das Wesentliche vergisst – den Wert des Leben.

 

 

 

 

 

Was kann der geneigte Leser inhaltlich im gleichnamigen Gedichtsband zu Schattenklang zusätzlich erwarten?


Im Gedichtband sind alle je veröffentlichten «Tod gesagt»-Stücke enthalten – also auch diejenigen vor «Schattenklang». Das Taschenbuch enthält zudem drei bisher unveröffentlichte Texte sowie das kleine Schmuckstück «Todeslied» - das über den beigefügten Strichcode erstmals vertont zu hören ist.

 

 

 

 

 

Willst du zum Schluss noch etwas sagen?


Ich habe fertig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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