Redakteur: Roman Golub
Flor and the Sea ist ein Indie-Elektropop-Duo aus Deutschland. Marc (Gitarre/Synths) und Chaem (Vocals) beantworteten in einem Interview vor allem Fragen zu ihrer aktuellen EP „Kings & Queens“, aber auch zu ihrer Art Musik zu machen.
Zunächst bestand eure Band aus 5 Mitgliedern, jetzt seid ihr zu zweit. Damit ging auch ein musikalisch veränderter Stil einher. Inwieweit seid ihr aus der Situation heraus zu einem Stilwechsel gezwungen worden? Schließlich spielt bei dieser Thematik auch die Instrumentenauswahl eine Rolle. Oder wolltet ihr einfach dann auch einfach eine andere Art von Musik machen?
Marc: In gewisser Weise hat uns die Duo-Situation in Bezug auf die Instrumentierung mehr Freiheiten gegeben, weil wir bei jedem Song sehr individuell die passenden Sounds und Instrumente auswählen konnten und nicht an eine feste Besetzung gebunden waren... an ein paar Stellen haben wir uns sogar ganz gezielt Gastmusiker dazu geholt, wie für die Bläser, das Cello und das Piano bei Arcadia oder die Live-Drums auf einigen Tracks. Trotz der großen instrumentalen Freiheit sind die Songs aber trotzdem insgesamt musikalisch stringenter geworden, weil man einfach alle Harmonien und Sounds viel genau aufeinander abstimmen kann, wenn alles aus einer Feder kommt. Die kleine Besetzung gibt uns die Möglichkeit genau die Soundwelten umzusetzen, die wir für einen bestimmte Song-Idee im Kopf haben und das macht uns großen Spaß.
Warum habt ihr eure aktuelle EP „Kings & Queens“ genannt?
Chaem: Es stand bereits relativ früh fest, dass wir die EP nach einem der Songs benennen wollten. Und da ist die Wahl sehr schnell auf „Kings & Queens“ gefallen. Das liegt zum einen am Song selbst, da er einfach der geborene Titeltrack ist. Darüber hinaus ist der Songtitel einfach sehr catchy, und die Message liegt uns wirklich sehr am Herzen.
Eure Musikvideos werden sehr phantasievoll umgesetzt. Inwiefern trifft dieses auch auf eure Musik und Texte zu? Inwieweit geht es bei eurer EP auch um Emotionen, Gemütszustände, Lebensfreude und gewisse Wertvorstellungen?
Chaem: Dem kann ich nur zustimmen. Gerade die textliche Entwicklung war ein längerer Prozess, der zunehmend an Tiefe und Gehalt gewonnen hat. Es hat auch eine gewisse Zeit gebraucht bis wir ein Gefühl dafür hatten, was wir wirklich sagen wollen. Gerade was das Thema der Wertvorstellungen betrifft, war es uns wichtig, dass jeder Text eine gewisse Universalität und damit zeitlose Qualität bekommt. Wir wollten damit Themen ansprechen, die zutiefst menschlich sind und nicht nur oberflächlichen Zeitgeist widerspiegeln.
Marc: Musikalisch versuchen wir natürlich auch durch die Kombination von echten Instrumenten und elektronischen Elementen phantasievolle und vielschichtige Klangwelten zu schaffen, in die der Hörer eintauchen kann und in denen es viele Details zu entdecken gibt... Ich glaube, dass die Musik eine sehr starke zusätzliche Dimension ist, um die Stimmung und Emotionen der Texte zu bereichern und zu intensivieren.
Aus welchen Situationen heraus sind die Lyrics zu eurer EP entstanden?
Chaem: Die ersten beiden Songtexte zu „Dark Minds“ und „Reconnect“ entstanden auf sehr intuitive und zum Teil auch lautmalerische Art und Weise - diese Texte sind eher eindrücklich und subjektiv. An den restlichen drei Texten hat sich unser Co-Produzent maßgeblich beteiligt, der eine vollkommen andere Herangehensweise hat. Diese entstanden in intensiven, teils langwierigen Prozessen, zum Teil über mehrere Wochen. Da waren dann neben aussagekräftigen Inhalten und Statements plötzlich auch Metrik, Silbenanzahl und Reimschemata ein großes Thema und Plattitüden und Gemeinplätze strikt verboten.
Der Titelsong eurer EP ist textlich eine „Hommage an „Heroes“ von David Bowie“. Was verbindet euch innerlich mit ihm? Was bedeutet euch seine Musik und gibt es etwas an seiner Person, was euch irgendwie berührt?
Chaem: David Bowie war einfach eines der letzten großen Universalgenies der Popmusik. Ein Chamäleon, das sich fortwährend neu erfunden hat und sich dabei nie irgendwelchen Trends und Moden angebiedert hat. Das finden wir einfach super inspirierend. Dabei ist es jetzt weniger seine Musik direkt, sondern vor allem das wofür er künstlerisch steht, mit dem wir uns als Band verbunden fühlen. Dafür steht z.B. auch die stilistische Bandbreite unserer EP.
Die Textzeile „for just one day“ war relativ früh da im Entstehungsprozess und als uns aufgefallen war, dass es sich bis auf einen Wortdreher eigentlich um ein Zitat handelt, hatten wir uns entschieden, den gesamten Text quasi als Hommage in eigenen Worten zu verfassen.
Wovon handelt der Track „Arcadia“ eures Releases?
Chaem: „Arcadia“ bezieht sich auf den antiken Mythos von Arkadien, der ein sagenumwobenes Land beschwor, in dem paradiesische Verhältnisse herrschten. Der Songtext ist der Versuch einer modernen Auseinandersetzung damit und beschreibt eine Art Refugium, einen ideellen Rückzugsort, den jeder einzelne von uns zur Regeneration braucht und wo die Welt außen vor bleibt. Der Text entstand tatsächlich lange vor der aktuellen Krise, hat aber dadurch eine verblüffende Aktualität erfahren, von der wir zum Zeitpunkt der Entstehung nichts hätten ahnen können. Insbesondere die Textzeile „let’s isolate us“ steht jetzt natürlich in einem komplett anderen Zusammenhang als der von uns ursprünglich intendierte.
In den Videos zu „Kings and Queens“ und „Dark Minds“ geht es um Mr. Rabbit., wobei in „Dark Minds“ auch noch Mrs. Fox eine Rolle spielt. Diese beiden Namen werden wohl durch die entsprechenden Masken in den Videos charakterlich verkörpert. Kann man die Handlungen der Videos durchaus als Fabel verstehen? Warum wurden gerade die Bezeichnungen um Hase und Fuchs gewählt? Wofür stehen die dargestellten Wesen bzw. Personen symbolisch?
Chaem: Die beiden Figuren waren ein entscheidender Teil im gesamten Reboot-Prozess unseres Projekts, um uns vom alten Line-Up der Band zu differenzieren. Die ursprüngliche Idee entstand aus der Verfolgungsszene aus Radioheads bekanntem "Karma Police“-Video. Um dem Konzept einen neuen Spin zu geben, wollten wir es in der Tat wie eine klassische Fabel behandeln, daher auch die humanoiden Tierfiguren. Im Grunde handelt es sich um eine traditionelle Rachegeschichte, in der die von Natur aus schwächere Spezies durch den Einsatz von Technologie die Oberhand gewinnt und der Jäger zum Gejagten wird.
Welche Bedeutung hat das Cover eurer EP? Welche Bewandtnis hat es um die Dame und die abgebildeten Blumen?
Marc: Ich war und bin schon lange ein großer Fan des britischen Künstlers Andrew J.Millar und das Bild, das nun unser Cover ziert, hatte ich vor Jahren bei einer Street Art Ausstellung gekauft und es hängt seitdem bei mir im Wohnzimmer. Auf der Suche nach einem Cover für unsere EP, hat das Bild einfach perfekt gepasst... eine Königin mit Blumenkrone: geheimnisvoll und anmutig. Und auch die Stimmung des Bildes passt einfach wunderbar zu unserem Sound. Wir sind in jedem Falle sehr glücklich, dass Andrew uns erlaubt hat, sein Artwork für unser CD-Cover zu verwenden.
Wie kam es zu eurem Bandnamen? Warum habt ihr eine symbolische Bezeichnung rund um das Wasser gewählt? Geht es bei „Flor and the Sea“ auch um Ästhetik?
Marc: Das Wort „Flor“ bedeutet im spanischen „die Blume“ und ist zudem auch ein weiblicher Vorname... und die Weiten des großen Wassers stehen gewissermaßen für unseren Sound. Beide Symbole passen sehr gut zu unserer Musik und wir finden der Name klingt sehr schön... und gewissermaßen steht „Flor and the Sea“ auch konkret für uns beide als Duo.
Wollt ihr zum Schluss noch etwas sagen?
Danke für das tolle Review unserer EP! Wir haben uns sehr über die tiefgründige Auseinandersetzung mit unserer Musik gefreut.
Danke für das Interview